Haus Kierst
Das Denkmal Haus Kierst ist in der Denkmalliste ausführlich erfasst. Die amtliche Listeneintragung vom 10.12.1981 lautet:
"Offene 4-flügelige Hofanlage, das Wohnhaus 2-geschossig in 5 Achsen, die Front rauhverputzt, die Seiten Backstein verkleidet; Walmdach. Die Scheunentrakte teilweise Fachwerk mit Krüppelwalmdach, Hofanlage aus dem Jahre 1730.
Die jetzigen Gebäude markieren eine Hofstelle, die der Haupthof des 904 erwähnten Ortes Kirih Sexta war. Der Hof dokumentiert in seiner heutigen Form zugleich großbäuerliche Wohn- und Wirtschaftsweisen. Römische Funde auf dem Gelände des Hofes weisen auf noch frühere Besiedlung hin. Wohnhaus und Hofgebäude sind wegen ihrer architektonischen Bauweise und Gestaltung als Zeugnisse früherer Bauweisen erhaltenswert. Die bisherige Funde lassen erkennen, dass das Gelände unter Umständen noch mehr Quellen freigeben könnte. Der Hof zeugt von einer früheren Besiedlung des Raumes. Die Lage zur Kirche und zur übrigen Besiedlung sprechen aus städtebaulichen Gründen für die Erhaltung. Umfang des Schutzes: Das äußere Erscheinungsbild ist unverändert erhaltenswert. Anpassungen im Inneren an moderne Wohn- und Wirtschaftsweisen sind möglich. Die Raumfolge des Wohnhauses sollte erhalten bleiben".
Der Hof wurde 904 erstmals urkundlich erwähnt. Die Bedeutung von Haus Kierst, dem ehemaligen Rittergut, lässt sich auch ablesen an dem gesellschaftlichen Einfluss der jeweiligen Besitzer. Im Mittelalter war der Ritter von Haus Kierst wahrscheinlich Lehensträger der Herrschaft Dyck. Wie Haus Latum hatte Haus Kierst in der Lanker Pfarrkirche einen eigenen Stuhl. Klagen gibt es gelegentlich über das Ausbleiben von Stiftungen für die Kirche und bei der Finanzierung des Kirchenneubaus 1840. Nach dem Zweiten Weltkrieg war der Besitzer von Haus Kierst, Heinrich Münker, zeitweise Bürgermeister der Gemeinde Langst-Kierst und Deichgräf.
Die Nebengebäude des Hofes bestehen leider nicht mehr. In den sechziger Jahren wurde auch "das zum Hof gehörige schöne Fachwerkwohnhaus abgerissen, weil es dem Ausbau der Kreisstraße im Wege stand und dort einen Engpass bildete" (Franz-Josef Radmacher).
Das Denkmal rückt 2016 angesichts von Bauplänen nach dem Verkauf des renommierten Reiterhofes erneut in das Blickfeld der öffentlichen Diskussion (s. RP vom 12.11.2016, RP vom 17.11.2016, RP vom 30.11.2016 und RP vom 18.3.2017). Im Juni 2017 verweigert der Planungsausschuss die denkmalrechtliche Erlaubnis und vertagt eine Entscheidung bis zur Vorlage des Gutachtens der oberen Denkmalbehörde (LVR) (Rheinische Post 21.6.2017). Der Bau eines Mehrfamilienhauses direkt neben dem denkmalgeschützten Hof bleibt in der öffentlichen Diskussion. Befürchtet wird u.a., dass der Blick auf die beiden Denkmäler Haus Kierst und die Kirche St. Martin beeinträchtigt wird. Das Dorfbild werde zerstört (Rh.Post 22.11.18).
Die Diskussion zeigt, dass eine Unterschutzstellung einzelner Denkmäler (hier "Haus Kierst" Denkmal Nr. 32 und "Kapelle St. Martin" Denkmal Nr. 33) offensichtlich nicht reicht, einen historischen Ortskern zu schützen. Das DSchG NW sieht für einen solchen Fall den Schutz eines "Denkmalbereichs" (§§ 2 (3), 5 und 6 vor. Mit "Denkmalbereichen" und entsprechenden "Satzungen" gibt es jedoch in Meerbusch bislang keine Erfahrungen.
Die alte Luftaufnahme aus dem Jahre 1956 zeigt den Kern von Kierst: Im Vordergrund Haus Kierst mit der geräumigen Hofanlage, dahinter die Kapelle St. Martin und links neben der Kirche das alte Pfarrhaus.
Lit.:
Franz-Josef Radmacher, Die wichtigsten Höfe in Langst-Kierst und Ilverich, in: 1100 Jahre Langst-Kierst und Ilverich 904-2004, Meerbusch 2004, S. 284 ff.
Johannes Werner, Ein Bilderbogen, in: 1100 Jahre Langst-Kierst und Ilverich 904-2004, Meerbusch 2004, S. 325 ff. ("Alte Luftaufnahme" von 1956 mit Beschreibung auf S. 326)
Lage:: Langst-Kierst, Schützenstr. 6
Verzeichnis: Nr. 32
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