Gartenstadt Meererbusch
Freiherr von der Leyen, der Besitzer von Haus Meer, beantragte im Jahre 1908 beim Büdericher Bürgermeister ganz in der Nähe seines Parks und Schlosses die Anlage einer 'Villenkolonie' mit folgender Begründung: Eine solche läge 'im öffentlichen Interesse' und 'auch im Interesse der Gemeinde Büderich, deren Steuerkraft durch den Zuzug wohlhabender Einwohner sich bedeutend heben wird'. Die ersten Lagepläne weisen westlich der Rheinbahn die 'Villen-Kolonie zu Haus-Meer' aus und betreffen vornehmlich Gründstücke zu beiden Seiten der Lindenalle (heute: Hindenburgstraße). Die geplante Kolonie lag ganz in der Nähe der Straßenverbindung Düsseldorf-Krefeld und Düsseldorf-Moers und eines Bahnhofs der Rheinischen Bahngesellschaft (bis in die 90er Jahre 'Haus Meer', heute 'Forsthaus'). Die Villenkolonie war somit sowohl per Auto wie auch per Bahn von Düsseldorf, Krefeld und Moers gut erreichbar.
Die Bezirksregierung genehmigte 1912 die Bezeichnung 'Gartenstadt Meererbusch' , wie sie noch heute im Stadtplan von Meerbusch zu finden ist. Aber eine Gartenstadt, wie sie ursprünglich in England am Rande von Industriegebieten angelegt wurden, sollte die Gartenstadt Meererbusch nicht werden.
Die Gartenstadtidee kam ursprünglich aus England (Ebenezer Howard, 1898). Die Entwicklung der englischen Gartenstadt wurde u.a. von Hermann Muthesius, Architekt und technischer Attaché an der Deutschen Botschaft in London, sehr genau studiert (www.hermann-muthesius.de ). Nach seiner Rückkehr aus London nahm er starken Einfluss auf die Entwicklung der Gartenstädte nach englischem Vorbild in Deutschland. Aber diese Gartenstädte entwickelten sich je nach lokalen und sozialen Besonderheiten unterschiedlich. Gemeinsam jedoch war ihnen die Idee der 'Siedlung im Grünen'.
In Büderich sollte die Siedlung nach dem Willen seines Gründers in erster Linie dem Großbürgertum im Kaiserreich zu Gute kommen. Zur Siedlung sind auch zwei Häuser zu rechnen, die auf der anderen Seite der Rheinbahn, im Forsthausweg liegen. Das 2-geschossige Wohnhaus Fortshausweg 7 mit teilweise geschwungenen hohem Mansarddach war schon erbaut (1902), als es noch keine offiziellen Planungen für die Gartenstadt gab. Das Wohnhaus Fortshausweg 1, ein zweigeschossiges Steingebäude mit turmartig ausgebildeten Seitenteilen wurde im Rahmen der Gartenstadtplanung 1914 vom Architekten Breuhaus de Groot geplant. Beide Wohnhäuser stehen unter Denkmalschutz (Nr. 95 und Nr. 96 in der Denkmalliste)
Mit der Planung für die Gesamtanlage der Gartenstadt beauftragte Freiherr von der Leyen den Architekten Fritz August Breuhaus de Groot, der vorher bereits für den Herzog von Arenberg u.a. beim Umbau und Erweiterungsbau von Schloss Pesch (in Ossum-Bösinghoven) tätig war. Mit seinen Planungen für die 'Gartenstadt Meererbusch' in Büderich begründete Breuhaus de Groot seinen Ruf als Villen- und Landhausarchitekt. Für sich selbst baute er 1910/11 die heute unter Denkmalschutz stehende Villa 'Eichenhof' (s. dort) und verdeutlichte an ihr seine Ziele und Vorstellungen eines 'Landhauses'. 1911 gab er die Werbeschrift 'Gartenstadt Meererbusch. Siebenhundert Morgen Waldpark' heraus, in der er sich als Generalunternehmer bezeichnete. Bis 1914 folgte mindestens ein Dutzend weiterer Landhäuser auf dem Gartenstadt-Areal.
Die meisten von ihm in den Jahren 1909 bis 1913 geplanten und zum Teil auch ausgeführten Villen, darunter auch ein Wohnhaus für den Schauspieler Paul Henckels (s. dort), sind jedoch eben so wenig wie die gesamte Siedlung unter Denkmalschutz gestellt worden. Das hängt u.a. damit zusammen, dass die Anlage der Siedlung nach dem Zerwürfnis zwischen dem Architekten Breuhaus de Groot und dem Freiherrn von der Leyen im Jahre 1913 und bedingt durch die beiden Weltkriege nicht zu Ende entwickelt wurde und auch vor und nach der Gründung der Stadt Meerbusch im Jahre 1970 nicht in eine Stadtentwicklungsplanung integriert wurde.
Auch die kurze Phase der Existenz der 'Villa Marein', die der Stahlwerksbesitzer Reinhold Becker (Krefeld/Willich) nach 1916 bauen ließ und die Ende des Zweiten Weltkrieges fast völlig zerstört wurde, hat der Gartenstadt Meererbusch keine nachhaltige Entwicklung beschert. Übrig geblieben von diesem Projekt sind eine verkleinerte Villa in der Straße 'An den Linden 5' sowie das Pförtnerhaus gegenüber der Bahnschranke am Teehäuschen.
Mit Blick auf den ursprünglichen Plan für die Gartenstadt Meererbusch und die steckengebliebene Entwicklung bezeichnet Prof. Winfried Jansen (Meerbusch) die Gartenstadt als ein 'unvollendetes Gesamtkunstwerk'.
Bei der Namensgebung der jungen Stadt Meerbusch, die zunächst 'Rheinau' heißen sollte, schlug der Büdericher Ratsherr Dr. Frid Muth (FDP) hinsichtlich der ortsgeschichtlichen Bedeutung der Landschaft 'Meer' den heutigen Namen "Meerbusch" vor (Peter Dohms, Die Entstehung der Stadt Meerbusch, in: Meerbuscher Geschichtshefte, H. 6, S. 49). So wurde zugleich die Erinnerung an das kulturelle Erbe der 600 Jahre Klosterzeit 'Haus Meer', der 140 Jahre von Schloss und Park 'Haus Meer' und auch der knapp 60 Jahre 'Gartenstadt Meererbusch' gesichert.
(Die Angaben basieren weitgehend auf einem unveröffentlichten Manuskript von Prof. Winfried Jansen, 40668 Meerbusch, zum Heidberg 31, Tel.: 02150-2107, dem wir auch die Anregung zu diesem Album verdanken. Prof. Jansen zieht für seine Arbeiten u.a.das Stadtarchiv Meerbusch, das Freiherrliche Familienarchiv von der Leyen auf Schloss Bloemersheim sowie Fotos von Erwin Querenfeldt heran, die sich in der Sammlung von Tilo Richter/Basel befinden).
Die Lokalpresse berichtet immer mal wieder über das Thema Gartenstadt Meererbusch und insbesondere über die strittige Frage, ob einzelne Villen oder das gesamte "Ensemble" von Villen und Parks unter Schutz gestellt werden sollen. 2011 sieht es jedoch eher nach einer weiteren Parzellierung des gesamten Geländes und dem Verkauf von bis zu 40 Objekten zwischen Hildegundisallee, Hindenburg- und Ahornstraße aus (s.Rheinische Post vom 17. März 2011).
Auch die überregionale Presse interessiert sich für das Thema: Tilo Richter (Basel) schrieb in der FAZ vom 4. Juni 2011 einen umfangreichen und fundierten Beitrag zu 100 Jahre Gartenstadt Meererbusch.
Weitere Literatur:
Andrea Escher, Wohnen im Grünen.Der Architekt Fritz August Breuhaus de Groot und die Gartenstadt Meererbusch, in: Kreisheimatbund Neuss e.V. (Hrsg.): Jahrbuch für den Kreis Neuss 2002, Neuss 2002.
Tilo Richter, Das Geschäft mit der Ästhetik. Der Architekt Fritz August Breuhaus (1883-1960) als Publizist, Dissertation an der ETH Zürich 2008.
Herbert Jacobs, Der Weg von Prof. Fritz August Breuhaus de Groot (1883-1960) zum Stararchitekten über seine ästhetische Marke: die Einheit von Gesamtkunstwerk und Person, in: Meerbuscher Geschichtshefte, Heft 25 (2008), S. 207-221). (Dabei handelt es sich im wesentlichen um eine Besprechung der Dissertation von Tilo Richter und um eine Auswertung des Gutachtens von Prof. Andreas Tönnesmann zu dieser Dissertation)
Über die aus England stammende Gartenstadtidee von Ebenezer Howard (1898) und unterschiedliche Realisierungsformen in Deutschland berichtet in unregelmäßigen Abständen auch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz in ihrem Magazin MONUMENTE, so in Hellerau bei Dresden (Heft 5/6 1995), in Brieske bei Senftenberg (Heft 5/6 1998) und in Essen (Heft 9/10 2000
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