Turmwindmühle
Turmwindmühle in Osterath
Die 1883 erbaute und 1962-1966 renovierte Mühle ist ein 4-geschossiger konischer Backsteinbau mit Spitzbogenfenstern, einem Haubendach und kurzen Flügelbalken.
Die Mühle ist das letzte Gebäude in einer langen Mühlengeschichte. Sie zeugt von einer handwerklichen Produktionsstätte und der Landwirtschaft in diesem Raum.
Eine Mühle wird zum erstenmal in der 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts nachgewiesen. Vielleicht war sie so alt wie die Osterather Kirche. Jedenfalls war sie der wichtigste Wirtschaftsbetrieb des Willich-Osterather Hofverbandes.
Im Streit zwischen dem Herzog von Kleve und dem Grafen von Geldern um das Amt Linn wurde die Mühle zerstört und 1364 von den Bewohnern von Osterath wieder aufgebaut. Unter der Mühle befand sich das Gefängnis des domprobsteilichen Gerichts in Willich, einem Schöffengericht, das auch Todesurteile aussprechen konnte. Dies Urteile wurden auf dem Galgenberg an der Görgesheide vollstreckt.
Die Osterather Mühle war zweiherrig, jeweils zur Hälfte gehörte sie dem Domkapitel in Köln bzw. der Kirchengemeinde St. Nikolaus. Zu den Pächtern gehörte u.a. die in Osterath bekannte Familie Hausmann vom Ventenhof. Nach der Säkularisation wurde der Bürgermeister J.H: Kürfgen freier Eigentümer der halben Mühle. Die Forschungsergebnisse (s. Norbert Schöndeling) über Mahlzwang, Eigentümer, Verpachtung, Unterhalt, Aufsicht, Mahlsteine sowie "Lohn" des jeweiligen Müllers (=der Molter) belegen nicht nur die Bedeutung der Mühle als "Produktionsstätte", sondern geben zugleich einen Einblick in die Rechtsverhältnisse eines ländlichen Wirtschaftsbetriebes im 19. Jahrhundert.
1883 wurde die alte Bockwindmühle (s. Foto/Scan "Bockwindmühle") durch eine modernere Turmwindmühle ersetzt, die jedoch auf Dauer nicht wirtschaftlich genug arbeiten konnte, zumal sie Konkurrenz durch die 1878 neben der Kirche erbaute dampfgetriebene Mühle ("Dampfmühle" oder auch "Abelsmühle") bekommen hatte. Dennoch arbeitete sie noch bis 1912.
In dem das Osterather Ortsbild prägenden Bauwerk befand sich bis zu seinem Tod das Wohnatelier des Meerbuscher Künstlers Will Brüll (deshalb auch 'Brüllmühle' genannt). 2012 feierte der mit Joseph Beuys, Günter Grass und Ewald Mataré befreundete Bildhauer seinen 90. Geburtstag und schaute, wie die Rheinische Post vom 20.11.2012 schrieb auf 90 "abgerundete Lebensjahre" zurück. Will Brüll starb 2019 im Alter von 97 Jahren.
Der Künstler schuf eine "einzigartige Kombination von Atelier, Galerie und Skulpturenpark" (s. Literatur, Eri Krippner). Auf die Mühle am Ortsrand von Osterath wurde in der lokalen Presse immer wieder aufmerksam gemacht, so z.B. die Rheinische Post im März 2016. Der betagte Künstler erinnert sich an den Kauf der Ruine und die Restaurierung ( s. Rheinische Post vom 10.4.2017).
2021 erfährt die Öffentlichkeit mehr über die nach dem Tod des Künstlers gegründete Brüll-Houfer-Stiftung, die treuhänderisch von der Stadt verwaltet wird, sowie über die notwendigen Sicherungs- und Sanierungsarbeiten. Diese sind jetzt vorrangig, um das denkmalgeschützte Gebäude in einem weiteren Schritt mittels eines Nutzungskonzeptes für die Zukunft zu sichern. Auch über die Gründung eines Fördervereins wird nachgedacht (s.Rheinische Post vom 20.Februar 2021)
Eine Windmühlenkunde mit aktuellen Informationen und einem Überblick über 1700 Mühlen in Deutschland bietet die Deutsche Gesellschaft für Mühlenkunde und Mühlenerhaltung (DGM) e.V..
Die DGM informiert auch über den jährlichen Mühlentag, jeweils am Pfingstmontag, und listet die teilnehmenden Mühlen. Dazu gehört neben der Geismühle in Krefeld-Oppum auch die Braunsmühle in Kaarst-Büttgen, ebenfalls ein Förderprojekt der Deutschen Stiftung Denkmalschutz.
Die meisten Mühlen im Rheinland sind auf der Homepage des Rheinischen Mühlenverband e.V. mit Fotos und Adresse gelistet und zum Teil auch kommentiert. Interessante Informationen zur Mühlenkunde finden Sie auch in der Sammlung deutscher Wind- und Wassermühlen.
Fotos/Scan:
Bei dem Scan "Bockwindmühle" handelt sich um eine Vignette, abgebildet auf der Rückseite von H. 15 der Meerbuscher Geschichtshefte, Meerbusch 1998, ein Repro von R. Rameil
Lit.:
Krippner, Eri: Will Brüll - Leben im Gesamtkunstwerk, Düsseldorf 2015
Lohmann, Friedrich: Bauernhöfe, Mühlen und Verkehrswege im Siedlungsgebiet des heutigen Meerbusch. Meerbusch im Unterricht. Anregungen für die Sekundarstufe I. Hrsg. von de Stadt Meerbusch - VHS - , Meerbusch 1988, IV. Die Osterather Windmühle, S. 7-8.
(Bestandteil des sog. "Medienkoffers").
Schöndeling, Norbert: Zur Geschichte der Turmwindmühle in Osterath. In: Meerbuscher Geschichtshefte
1. Teil: Heft 5, 1988, S. 105-115
2. Teil: Heft 6, 1989, S. 81-92
ders.: Die Verpachtung der Osterather Windmühle im 19. Jahrhundert, in: Meerbuscher Geschichtshefte, H. 33, 2016, S. 4 ff.
Lage: Meerbusch-Osterath, Willicher Str. 89
Verzeichnis: Nr. 15
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