Haus Radong
Beim Denkmal "Haus Radong" handelt es sich um einen am Niederrhein typischen Vierkanthof. Die Eintragung vom 11.9.1984 in der Denkmalliste führt dazu näher aus: "Heutige geschlossene vierseitige Hofanlage, erbaut 1859 von Jakob Herberz aus Uerdingen. Herrschaftliches Wohnhaus, 2-geschossig, 5-achsig, mit Balkon über dem Eingang, Zufahrt über eine Kastanienallee.
Typ einer herrschaftlichen Hofanlage aus der Mitte des 19. Jahrh. entstanden nach einer Rodung (=Radong). Gründung des Anwesens mit den Häusern: Hamm, Pesch usw. von wissenschaftlicher Seite im 9. und 10. Jahrhundert datiert.
Der Hof dokumentiert die Geschichte der Besiedlung und der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung im Gebiet der heutigen Stadt Meerbusch: er belegt frühere und heutige Arbeits- und Produktionsverhältnisse und ist in seiner Ausstattung eine typische niederrheinische Hofanlage".
Der Flurname "Radong" oder "Raerdonk" lässt sich bis ins 16. Jh. zurückverfolgen. Der erste Teil des Wortes verweist auf "roden" und der zweite Teil weist darauf hin, dass es sich wie bei einer "Donk" um eine flache, bebaubare Erhebung in einem Bruch handelt. Jacob Herberz griff den über Jahrhunderte im Volksmund erhaltenen Namen auf "und legte ihn seinem Hof bei. Dank ihm! Er rettete einen Namen vor dem langsamen Untergang" (Toups, S. 35).
Nach dem Kauf des Geländes ging es zunächst darum, den Hochwald abzuholzen, wobei auch "Grubenholz" für die mit Beginn der Industrialisierung aufblühenden Zechen gewonnen wurde. Danach kam die teilweise Bebauung im ursprünglichen Waldgebiet. Mit dem Haus Radong bekamen der Weilerhof und der Sassenhof einen "Nachbarn" (Toups). Die Erben Herberz teilten später das Vermögen in Uerdingen, Fischeln und Ossum-Bösinghoven so auf, dass der Bereich "Gripswald" das "Rittergut" Gripswald, den Herberz-Hof und Haus Radong umfasste. Der Besitzer von Haus Radong konnte sich fortan "Rittergutsbesitzer auf Haus Radong" nennen.
Der Hof hat in den vergangenen über 150 Jahren unter einer Reihe von Verwaltern eine wechselvolle Geschichte durchlaufen. Zunächst sollte er ein Zentrum des Viehhandels werden. Wilhelm Toups zeigt ein Plakat mit einer Viehverkaufs-Anzeige aus dem Jahr 1883: "Großer Pferde- und Rindvieh-Verkauf auf Haus Rahdong bei Osterath... Station Rhein. Eisenbahn". Die Viehwirtschaft scheint jedoch in den Folgejahren an Bedeutung verloren zu haben. Die"zechengeschädigte" Bauernfamilie Ostrop aus Gelsenkirchen-Buer zog 1929 aus dem dortigen Industriegebiet nach Haus Radong.
Eine denkmalgerechte Renovierung erfuhr das alte Stallgebäude, in dem sich heute das Architekturbüro mo-studio befindet. "Zu dem spannenden Austausch zwischen der alten Bausubstanz und dem neuen Innenraum" schreibt Martin Röse in der Rheinischen Post (29.06.2013): "Aufgrund des Denkmalschutzes, der sich auf die Fassade des Hauses ...beschränkt, wurde das Gebäude komplett entkernt, saniert und das Innere frei von jeglichen Konventionen mit modernen Materialien gestaltet". CUBE, das Düsseldorfer Magazin für Architektur, modernes Wohnen und Lebensart widmet dem Objekt in seiner Ausgabe 03/13 einen eigenen Beitrag "Vom Stall zum Studio", in dem es die "gelungene Sanierung einer denkmalgeschützten Hofanlage" hervorhebt.
Die lokale Presse berichtet gelegentlich über die Nutzung dieses Denkmals. So bleibt auch das Denkmal "Haus Radong" im öffentlichen Bewußtsein. Der Eigentümer und Nutzer scheint offensichtlich gute Erfahrungen mit dem Denkmal gemacht zu haben. 2019 kaufte er in Kamp-Lintfort fünf denkmalgeschützte Gebäude einer ehemaligen Zeche. Sie sollen in Zukunft für ein Gesundheitszentrum, für betreutes Wohnen und für die Gastronomie genutzt werden (s. Rheinische Post 30.7.2020).
Im und um den Hof herum stehen heute (2013) künstlerische Skulpturen.
Lit.:
Wilhelm Toups, Haus Radong in Bösinghoven, in: Meerbuscher Geschichtshefte, H. 7 (1990), S. 20 - 37
Franz-Josef Radmacher, Feste Häuser und alte Höfe in Ossum und Bösinghoven, in: Ossum-Bösinghoven - Menschen, Leben ,Geschichte, Meerbusch 2007, S. 97 (Haus Radong)
Vom Stall zum Studio, in: CUBE 03/13, S. 28 f.
Lage: Meerbusch-Bösinghoven, Am Weilerhof 18
Verzeichnis: Nr: 104
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