Holzschneider-Hof
Zu den denkmalwürdigen Gebäuden in Meerbusch, die leider nur noch in Archivbildern oder Gemälden erhalten sind, gehört auch der ehemalige Holzschneider-Hof in Osterath, Krefelder Str. 75, der in den 90er Jahren dem Bau der Ortsumgehung weichen musste. Geblieben sind ein Gemälde der Osterather Künstlerin Erika Danes, mehrere Fotos und Rekonstruktionszeichnungen aus dem Jahr 1995. Der Osterather Bauhistoriker und Denkmalexperte Prof. Dr. Norbert Schöndeling hatte seinerzeit über das "niederdeutsche Hallenhaus" forschen lassen und dem Bau-und Liegenschaftsausschuss der Stadt berichtet. Laut Rheinische Post vom 23.3.1995 beschloss daraufhin der Ausschuss, "den notwendig gewordenen Abriss von Hand ausführen zu lassen, um anschließend die kartographierten und numerierten Balken zwischenzulagern und das Haus später an anderer Stelle im Stadtgebiet wieder originalgetreu mit Lehmflechtwerk aufbauen zu lassen. Die etwa 11 000 Feldbrandsteine finden bei der Ortskernsanierung Verwendung und für Dachziegel will die Denkmalbehörde Interessenten benennen".
Norbert Schöndeling publizierte seinen Befund in den Meerbuscher Geschichtsheften (s. Lit.): Der Denkmalwert des Gebäudes wurde urspünglich nicht erkannt. Deshalb wurde es auch nicht in die Denkmalliste aufgenommen. Bei Begehungen mit dem Rheinischen Amt für Denkmalpflege wurde jedoch auch bestätigt, dass das "Gebäude - wenn dem Vorhaben in der Zwischenzei nicht entsprechendes Planungsrecht entgegengestanden hätte - nach dem jetzigen Erkenntnisstand mit Sicherheit unter Denkmalschutz gestellt worden wäre" (S. 142).
Bauhistorische Forschungen waren erforderlich, weil das Haus baulich mehrfach verändert worden war. Die Forschungen ergaben: "Mit dem niederdeutschen Hallenhaus, hier in seiner niederrheinischen Ausprägung, hat sich ein Haustyp entwickelt, in dem sich Funktion und Konstruktion in idealer Weise entsprechen......Bei diesem Haus handelt es sich um ein Bauernhaus, in dem die Familie wohnte, die Tiere untergestellt waren und die Ernte eingelagert wurde. Das Gebäude diente somit zu gleichen Teilen als Wohnhaus, Stall und Scheune" (Schöndeling, S. 142/3 sowie Foto "Grundriss des Erdgeschosses"). Das ursprüngliche Fachwerkhaus mit einem weit heruntergezogenen Strohdach (s. Foto: "Nördliche Giebelwand") war ein Skelettbau, der mit einem Stroh-Lehmgemisch auf Flechtwerk ausgefacht worden war. Dendrochronologische Untersuchungen ergaben, dass das Haus spätestens 1616 erbaut worden war und somit zu den ältesten Häusern in Osterath gehörte. Dass es die Wirren und den Brand während des Hessenkrieges 1642/43 überstand, verdankte das Gebäude wohl der Randlage zum Dorf Osterath.
Anders als bei der alten Bockstation in der Goethe-Straße wurde das Gebäude nicht mehr fachgerecht wiederaufgebaut. Die Teile wurden nach der Zerlegung des Hauses aber auch nicht fachgerecht gelagert, sondern verschwanden aus dem Blick. Die Holzbalken vermoderten. 2012 wurde der Skandal aufgedeckt. Die Lokalpresse berichtete mehrfach darüber (Rheinische Post Ausgabe 27.2.1012 und Ausgabe vom 3.3.2012).
Ob eine rechtzeitige Unterschutzstellung des Hauses zusammen mit anderen Gebäuden in Osterath in den 80er Jahren geholfen hätte, lässt sich heute schwer sagen.
Das Artillerie-Corps Osterath 1921 erstellte 2015/2016 zu Ehren ihrer Schutzpatronin, der Heiligen Barbara, aus den Feldbrandsteinen des ehemaligen Hofes eine kleine "Kapelle", in der allerdings keine sakralen Handlungen vorgenommen werden. Das "Heiligenhäuschen beherbergt einen kleinen Altar, eine Glocke und eine Statue der Heiligen" (Rheinische Post vom 29. 6.2016).
Lit. : Norbert Schöndeling, Bauhistorische Untersuchungen des Fachwerkhauses Krefelder Straße 75 in Meerbusch-Osterath, in: Meerbuscher Geschichtshefte, H. 12, 1995, S. 140 - 155
Lage: Meerbusch-Osterath, Krefelder Str. 75
Verzeichnis: Dieses historische Gebäude wurde nicht als Denkmal geschützt, sondern abgerissen (s.o. und s. auch St. Barbara-Kapelle am Ehemaligen Backhaus Hingstenweg 6, Denkmal Nr. 107).
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